Dreckschweinfest – Pfingsten im Mansfelder Land feiern

Das Dreckschweinfest ist ein uralter Brauch, der immer an Pfingsten im Mansfelder Land gefeiert wird und mit dem der Winter vertrieben werden soll.

Inhaltsverzeichnis

Es gibt viele Bräuche in Deutschland und viele Traditionen haben sogar überregional überlebt. Doch mitunter gibt es auch einige Feste, die nur sehr lokal begangen werden und Außenstehenden nicht selten seltsam erscheinen. Ein solches Fest ist das Dreckschweinfest im Mansfelder Grund. An Pfingsten im Mansfelder Land versammeln sich hierfür erwachsene Männer und werfen sich sprichwörtlich in den Schlamm. Diese uralte Tradition reicht schon Jahrhunderte zurück. Zeit sich dieses Kuriosum mal genauer anzuschauen.

Pfingsten im Mansfelder Land – Es zieht die Leute in den Wald

Der Wecker klingelt. Es ist 7 Uhr morgens. Eigentlich ist es fast schon zu spät. Wir packen die Sachen  in einen Handwagen und trotten los. Ich schleife noch etwas müde die Straße entlang. Mit uns gehen viele andere Leute ebenfalls zu Fuß. Einige haben ganze Bierkisten auf ihren Bollerwagen geladen. Die Sonne strahlt schon. Heute ist ein guter Tag um den Winter endgültig zu vertreiben.

Pfingsten Mansfelder Land
Zu Pfingsten im Mansfelder Land finden kleine Volksfeste in den Grunddörfern statt.

Dreckschweinfest – Uralter heidnischer Brauch

Nach ein paar hundert Metern biegen wir auf den Helbraer Weg ab und sind schon in Ziegelrode, einem Ortsteil von Ahlsdorf. Es ist das erste der Dörfer im Mansfelder Grund, der überschattet wird von einer eher flachen Halde im Mansfelder Land. Der „Grund“, das sind eine Reihe von Dörfern, die sich durch ein Tal im Mansfelder Land bei Helbra ziehen ziehen. An Pfingsten sind Ziegelrode, Ahlsdorf, Hergisdorf und Kreisfeld Pilgerorte für viele Mansfelder. Die, die dort noch leben und die, die wie ich, immer wieder mal zu Besuch kommen. Woran auch ich mich schon seit meiner Kindheit erinnere, ist dort schon eine uralte Tradition. Das Pfingstfest in den Grunddörfern ist ein alter heidnischer Brauch, der dort schon seit Jahrhunderten gefeiert wird.

Geld sammeln mit den Maien

Die Pfingstburschen ziehen aus, um den Winter zu vertreiben. Bereits am Sonnabend des Pfingstwochenendes werden im Wald die Maien geschlagen. Das sind noch junge Birken, die dann in einem Umzug in den Dörfern verteilt werden. Die „Läufer“ gehen dafür von Haus zu Haus und sammeln Spenden für das Pfingstfest und die Pfingstgesellschaft. Der zuständige Pfingstbursche hält eine Ansprache und das Familienoberhaupt erhält einen Schnaps. Mitunter bekommen Kinder auch „Pfingstgeld“ von Eltern oder Großeltern. Am Abend finden sich in den Dörfern die meisten Bewohner zu den Pfingsttänzen zusammen. Es wird zu alten und neuen Hits aus Ost und West und von überall getanzt.

Früh aufstehen für die Waldpartie

Ein Wunder ist jedoch, dass die Leute wie anfangs beschrieben dann trotzdem aus dem Bett kommen. Immer am Pfingstmontag gehen alle Dorfbewohner und auch Leute aus den umliegenden Gemeinden in den Wald zur sogenannten „Waldpartie“. Mit Kind und Kegel geht es zu den Pfingstwiesen. Unsere Familie ging von jeher schon immer zur Ahlsdorfer Pfingstgesellschaft in den Wald bei Ziegelrode. In den Grunddörfern werden die Bewohner bereits kurz nach der Dämmerung von den umherziehen Pfingstburschen geweckt. Die weiß gekleideten, mit bunten Hüten geschmückten Burschen knallen in den Gassen der Dörfer ihre riesigen Peitschen. Die Lederriemen zischen durch die Luft. Wenn die Pfingstburschen gut geübt sind, beschleunigen sie die Peitsche auf Überschallgeschwindigkeit. So knallt es in den Gassen und später im Wald.

Dreckschweinfest Ahlsdorf
Hier hat der Frühling gesiegt und die Dreckschweine waschen sich im Fischteich.

Kampf Sommer gegen Winter

Auf der Pfingstwiese treffen die Pfingstburschen auf den Winter. Die „Dreckschweine“ versuchen dazu die hell gekleideten Gäste des Pfingstfestes zu beschmutzen – daher auch der Name Dreckschweinfest. Die Dreckfinken suhlen sich im Schlamm. Oft werden auch bemalte Schrottautos für das Pfingstfest geopfert. Familien mit Kindern picknicken auf Decken. Allerlei einfache Buden bieten Büchsenwerfen oder Bowle an. Die Aufgabe der Pfingstburschen ist es, die Dreckschweine von den Leuten fernzuhalten und sie in einen Teich zu treiben, damit sie sich waschen und den Winter abstreifen. Am Ende steht auch immer fest, welche Seite gewonnen hat. Gewinnen die Pfingstburschen, wird es ein schöner Sommer. In diesem Jahr könnte es kalt werden, denn die Pfungstburschen dürfen 2021 wegen Corona nicht feiern.

Wie kommt man zum Dreckschweinfest?

Auch wenn es 2021 leider wieder kein Dreckschweinfest im Mansfelder Land geben wird, so will ich euch zumindest für das nächste Jahr Hinweise geben, wie ihr dorthin gelangt.

Waldpartie Ahlsdorf
Auch Blasmusik gibt es zur Waldpartie in Ahlsdorf.

Dreckschweinfest in Ahlsdorf besuchen

Das Dreckschweinfest in Ahlsdorf findet normalerweise jedes Jahr an Pfingstmontag ab dem frühen Morgen, meist also ab 7 Uhr, in Ahlsdorf statt. Ich bin jedes Jahr in Ahlsdorf. Das Fest kostet keinen Eintritt. Treffpunkt dort ist immer bei der Waldpartie. Hierzu parkt man das Auto am besten in der Straße zur Waldgaststätte Ziegelrode oder gleich im Dorf in Ahlsdorf und läuft von dort aus. Alternativ kann man auch in der Nähe der Bildungs- und Erholungsstätte in Ahlsdorf parken und von dort zum Fischteich laufen. Der Fischteich ist später das Ziel der Pfingstburschen. Von hier müsst ihr die Anhöhe Richtung Norden hoch durch den Wald, um zur Waldpartie zu gelangen.

Dreckschweinfest in Hergisdorf besuchen

Das Dreckschweinfest in Hergisdorf findet jedes Jahr an der Wildbahn statt. Direkt an der Wildbahn gibt es einen Parkplatz. Zusätzlich gibt es Pendelbusse dorthin aus dem Dorf. Mehr Infos dazu auf den Seiten der Pfingstgesellschaft Hergisdorf zum Dreckschweinfest.

Dreckschweinfest zu Hause erleben

Keine Angst, ich fordere euch jetzt nicht dazu auf euch zu Hause im Schlamm zu suhlen, auch wenn einige der Pfingstburschen sicher Entzugserscheinungen haben werden und das vielleicht sogar tun. Es gibt aber eine schöne Möglichkeit, trotz des ausfallenden Pfingstfestes ein wenig des Dreckschweinfestes zu euch nach Hause zu bringen. Der Regisseur Mario Schneider, der wie ich aus Helbra kommt, hat einen Dokumentarfilm über drei junge Pfingstburschen gemacht. Mittlerweile sind sie alle zwar erwachsen aber der Film ist trotzdem ein tolles Zeitdokument. Wenn ihr möchtet, könnt ihr den Film hier bei Amazon oder Direkt bei der Produktionsfirma bestellen.

MansFeld*
  • MansFeld
  • Mario Schneider
  • 42film

Hinweis: Danke an meine liebe Schwester Claudi für das zur Verfügung stellen der Bilder!

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Peter Althaus ist Journalist, Autor und Blogger. 2011 hat er das Reiseblog Rooksack gegründet. Doch seine eigentliche Liebe ist immer schon Osteuropa gewesen. Mittlerweile lebt er in Lwiw in der Ukraine und führt dort einen Reiseveranstalter. Da er aber weiter gern schreibt, gibt es heute Wild East – das Osteuropa-Reiseblog.

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