Bis zum Horizont sah ich nur Kargheit. Nichts als Steine, Sand und Geröll. Dazwischen immer wieder ein paar Gebäude gebaut aus Betonblöcken und lediglich zusammengehalten von ein wenig Mörtel. Man sieht den Häusern an, dass die Besitzer noch an den Gebäuden bauen und jedes syrische Pfund in den Bau stecken. Nach zwei Stunden Fahrt von Homs und der immer gleich kargen Landschaft zeichnen sich am Horizont die Schemen von einer alten Kreuzritterburg und vielen Türmen ab. Kurz darauf kann man auch eine Stadt erkennen und sogar Bäume. Nach zwei Stunden grauer und beiger Schutthaufen eine willkommene Abwechslung. Es ist Tadmur, die Stadt die neben dem sagenumwobenen Palmyra liegt.

Das römische Palmyra

Palmyra war eines der Hauptziele meiner Reise von Istanbul nach Kairo im Jahr 2008. In Geschichtsbüchern hatte ich bereits viel über die rebellischen Palmyrenen gelesen. Ich wusste vom palmyrenischen Fürst Septimius Odaenathus, der die Perser zurückgeschlagen hatte und damit selbst bei den zuvor besiegten Römern Eindruck schinden konnte. Und auch dessen Frau Zenobia, die gegen Rom revoltierte und dafür in Ketten in die Hauptstadt des Römischen Reiches geschleppt wurde. Später wurde die Stadt nach Konflikten mit Rom zerstört, wie mir ein damaliger Tourguide in Palmyra berichtet. Der Islam kam schließlich um 630 in die Stadt und blieb, auch als die Kreuzritter später viele andere Gebiete in Syrien besetzten.

Baal-Tempel

Besonders der Baal-Tempel in Palmyra hat mich damals unheimlich beeindruckt. Die Deckenfresken gehören zu den schönsten, die ich auf meinen Reisen in antike Ruinenstädte gesehen habe. Und noch etwas ist besonders hier: Der Tempel hatte, anders als die meisten römischen Kultstätten, sogar Fenster. Das war für die damalige Zeit ziemlich ungewöhnlich. Und nun die schlechte Nachricht: Ihr werdet den Tempel wohl niemals sehen können. Der IS hat den Baal-Tempel im August 2015 für immer zerstört. Ich bin schockiert, nicht nur wegen der antiken Ruinen, die unwiederbringlich verloren sind.

Tetraplyon Palmyra Syrien
Das Tetrapylon gehört zu den schönsten Sehenswürdigkeiten der Ruinenstadt Palmyra und gilt als das beste Tetrapylon, dass die Römer je gebaut heben.

Tetrapylon Palmyra

Wenn man die Prachtstraße von Palmyra entlang ging, kam man irgendwann zu einer Art Kreuzung. Dort steht das Tetrapylon. Es gilt als das schönste Tetrapylon der Römer. Und in der Tat, lässt sich die einstige Pracht auch heute noch gut erahnen.

Prachtstraße von Palmyra

Auch die Prachtstraße von Palmyra gilt als eine Besonderheit der Architektur des römischen Nahen Ostens. Während viele römische Städte Planstädte waren und nach den Vorstellungen der Herrscher nach relativ gerade geometrischen Vorstellungen gebaut wurden, gilt dies für Palmyra nur bedingt. So knickte die Prachtstraße von Palmyra gleich zweimal ab. Die Prachtstraße von Apamea, die ihr in meinem anderen Syrien-Artikel sehen könnt, knickte nur einmal. In Palmyra waren jedoch vorhandene Gebäude der Grund dafür. So musste hier um die herum gebaut werden.

Tal der Gräber Palmyra Syrien
Das Tal der Gräber in Palmyra hat einen seltsamen Charme.

Tal der Gräber

Abseits der alten römischen Stadt eingebettet in eine Hügellandschaft ziehen sich westlich von Palmyra viele kleine Türme durch ein Tal. Erst vermutet man diese seien entweder Wachtürme oder seltsame Häuser. Für beides sind sie aber zu klein und viel zu ungünstig gelegen. Wie sich bei meiner Führung also rausstellte war dies das Tal der Gräber. Es soll einzigartig sein im ganzen Nahen Osten und in der Tat beschleicht mich auch ein gruseliges Gefühl beim Gedanken, dass hier hunderte Tote verscharrt sind. Man kann sogar durch die Totenstädte wandern und die Nekropolen erkunden. Teilweise sind diese wie Höhlen und manchmal auch über Tunnel miteinander verbunden. Am Abend meines Besuchs zog auch noch ein kleiner Sandsturm auf und machte den Anblick noch apokalyptischer – schon allein durch das seltsame Licht.

Araberburg Qalat Ibn Ma'n Palmyra Syrien
Erhebt sich auf einem Felsen: Die Araberburg Qalat Ibn Ma’n bei Palmyra.

Die Araberburg Qalat Ibn Ma’n

Den besten Ausblick über Palmyra hat man von der Araberburg Qalat Ibn Ma’n. Sie wurde eigentlich als Schutz gegen die Kreuzritter gebaut, erlangte aber hierfür keine wirkliche Bedeutung. Wer Kreuzritterburgen sehen möchte, ist in Syrien auch in der Qalat Salaheddin und der Krak de Chevaliers wesentlich besser aufgehoben. Trotzdem hat sich für mich der ziemlich beschwerliche Aufstieg gelohnt, weil man von hier einen tollen Blick über die bizarre Wüstenlandschaft hat.

Ich hoffe dieser Junge und sein Vater haben Palmyra schon lange verlassen.
Ich hoffe dieser Junge und sein Vater haben Palmyra schon lange verlassen.

Was passiert nach der Einnahme durch den IS?

Zum Schluss gibt es noch eine kleine Galerie mit Impressionen aus der Stadt und von den Ruinenstädte. Mich machen die Bilder einerseits froh, weil ich das noch sehen durfte. Andererseits traurig, weil ich mich frage, was aus den Menschen auf den Bildern geworden ist und auch was mit den Gebäuden nun geschehen wird. Der IS hat bereits viele antike Stätten im Irak einfach zerstört. Nimrut und Niniweh, die von unschätzbaren Wert für die Menschheit sind. Ich fürchte leider, dass es nun auch Palmyra so ergehen wird, denn die IS-Extremisten verkaufen die antiken Schätze oft über den Schwarzmarkt weiter. Viel aus dem Irak und Syrien ist bereits verloren. Immerhin wird vermutlich die alte Araberburg überdauern, denn die IS-Extremisten sehen nur Kulturschätze aus der Zeit nach der Eroberung durch den Islam als kulturell erhaltenswert an. Andererseits ist in der Barbarei eigentlich nie Platz für die Kultur. Insofern muss man wohl das schlimmste befürchten.

Posted by Peter Althaus

Hi, ich bin Peter und ich schreibe hier auf Rooksack über meine Abenteuer mit dem Rucksack in der Welt. Wenn Du mehr davon willst, folge mir auf Facebook, Twitter oder abonnier uns per E-Mail!

4 Comments

  1. Sven Arne Pfeiffer Juli 18, 2016 at 23:18

    Wirklich sehr interessanter Reisebericht über Palmyra. Es ist kaum zu glauben, aber es scheint, dass du einer der letzten Besucher in Palmyra vor der Eroberung durch den IS warst.
    Aktuell ist Palmyra wohl wieder befreit – hoffentlich sind die Zerstörungen nicht zu groß.
    P.S.
    Vielen Dank auch für deine Tipps zum Couchsurfing

    Antworten

    1. Peter Althaus Juli 18, 2016 at 23:38

      Hallo Sven!
      Danke für das Lob! Einer der letzten war ich sicher nicht. Palmyra war recht touristisch. Da kamen ganze Busladungen von Touristen. Ich war 2008 dort und der IS kam erst viel später und war zum Glück nicht allzu lang dort. Dennoch sind viele der Welterbestätten leider schwer zerstört worden. Ich hoffe auch, dass man sie wieder aufbauen kann. Viel mehr hoffe ich aber, dass es erst einmal Frieden dort gibt.
      Beste Grüße!
      Peter

      Antworten

  2. Sven Arne Pfeiffer Juli 18, 2016 at 23:51

    Hallo Peter,
    danke für Deine Erklärung zum Reisedatum.
    Ich habe mich durch das Datum 17. Mai verwirren lassen und dachte, dass dies Dein Reisedatum ist. Jetzt weiss ich aber, dass Du wohl den Bericht erst weit nach Deiner Reise geschrieben hast.
    Gruß
    Sven

    P.S.
    Bin heute zum ersten Mal auf Deinen Blog gestoßen. Finde es wirklich sehr interessant wie Du Deinen Blog aufgebaut hast. Werde jetzt sicherlich immer mal wieder reinschauen,

    Antworten

    1. Peter Althaus Juli 18, 2016 at 23:57

      Danke! Das freut mich umso mehr. Neuigkeiten bekommst Du ca. einmal im Monat über die Rooksack-Flaschenpost hier: httpss://eepurl.com/b3KxoD
      Da steht auch einiges, was nicht im Blog steht!
      Deinen Hinweis nehme ich gern auf und werde auch das Datum nochmal präzisieren. In den kommenden Wochen kommt auch noch ein Beitrag zu meiner Syrienreise.
      Schönen Abend Dir und allzeit gute Reise!

      Antworten

Leave a reply

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert