Ich wollte schon lange zum Whale Watching Husavik. Ihr kennt vielleicht auch die Reihe „Was ist was“. Die ungefähr A4-großen Erklärbücher zu allen möglichen Themen. Einer meiner Lieblinge: Band Nr. 85 „Wale und Delfine“. Schon damals war ich fasziniert von diesen kraftvollen Riesen, die doch so ruhig und sanft durch das Wasser gleiten. Und nun war es endlich so weit. Ich stand an diesem bewölkten und regnerischen Tag im Hafen von Husavik im Norden Islands vor einer kleinen Kajüte. Dort waren bereits einige andere Leute aus den USA, Russland und auch Island selbst. Alle einte das selbe Ziel: Endlich Wale sehen.

Sichtungsquoten beim Whale Watching Husavik hoch

Und wo kann man das besser als in Island? Die Hafenstadt Husavik gilt als Hauptstadt des Whale Watching. „Die Wale lieben die Bucht, wegen ihres reichhaltigen Nahrungsangebots“, erklärt mir Belen, Guide bei meiner Bootstour und studierte Meeresbiologin aus Madrid. Und das beste: Wale sind fast immer zu sehen. Anders als das Wetter ändert sich die Sichtungsquote von Walen auf den Fahrten in der Bucht von Husavik kaum. Mit 98-prozentiger Wahrscheinlichkeit gibt es in der Bucht von Husavik einen Wal zu sehen. Allerdings muss man fairerweise sagen, dass das auch nur ein kurzes Ausblasen oder eine Schwanzspitze sein kann. Meistens ist es aber mehr. Schon Elsa, meine Couchsurfing-Gastgeberin in Akureyri, hatte mir berichtet, dass es wohl nur ungefähr 3 Fahrten pro Jahr gäbe, an denen man keine Wale sehe. Ihre Schwester hat bei ihrer Hochzeit eine der Fahrten erwischt.

Hier zeigt er seine Fluke.
Hier zeigt er seine Fluke.

Uhrzeit für Walsichtungen egal

Das ist wirklich schade, besonders wenn man während der Saison in Husavik ist. Denn es ist nicht nur extrem wahrscheinlich einen Wal beim Whale Watching in Husavik zu sehen, es ist auch noch völlig egal, wann man den Ausflug macht. „Die Wale haben keine Uhr“, sagt Belen. „Sie kommen, wann es ihnen gefällt.“ Mir ist es recht. Ich komme an diesem Nachmittag recht spät, erst gegen 15.30 Uhr in Husavik an und frage direkt nach einer Tour.

Seekrankheit beim Whale Watching Husavik möglich

Und hier muss ich mich bereits entscheiden, welche Tour ich machen will. Wie mir beim Trampen nach Husavik bereits von einer Isländerin berichtet wurde, werden bei den Touren zum Whale Watching nicht wenige Leute seekrank. In der Broschüre von Gentle Giants weist man mich darauf hin, dass die See heute recht rau ist. Das kann ich mir gut vorstellen. Bereits auf dem Weg nach Husavik hab ich die Brandung gesehen. Auch der Himmel ist bewölkt. Andere Blogger hatten da mehr Glück. „Hier kann sich das Wetter innerhalb weniger Minuten ändern“, erzählt mir später Belen. Ich bin zwar recht seetauglich, wie ich unter anderem auf der Fähre von Kiel nach Klaipeda bereits unter Beweis gestellt habe, entscheide mich dann aber doch für die Tour mit dem Zodiac. Das Zodiac fährt mit bis zu 90 Stundenkilometern über das Wasser. „Da wird man weniger schnell seekrank“, sagt man mir im Gentle-Giants-Büro. Schließlich will ich niemanden beim Trampen später ins Auto kotzen.

Whale Watching Husavik
Der Kapitän unseres Bootes fährt schon einige Jahre für das Whale Watching mit Besuchern hinaus. Erst vier Mal hat er Killerwale dort gesehen. Buckelwale fast jeden Tag.

Wasserfeste Kleidung anlegen

Das Büro schickt mich dann mit dem Ticket runter zum Hafen, wo ich auch die Schnellboote schon liegen sehe. Die Zodiacs sehen von der Seite aus wie riesige Schlauchboote mit rund 20 Plätzen. Für der Kajüte von Gentle Giants stehen schon rund ein Dutzend anderer Besucher. Uns allen werden wasserfeste Overalls, Schwimmwesten, Taucherbrillen, Mützen und Handschuhe gegeben. Darüber freue ich mich später noch, denn es wird vor allem arschkalt auf dem Meer.

Whale Watching Husavik
Belen ist studierte Meeresbiologin aus der Nähe von Madrid und war unser Guide an Bord des Zodiacs.

Abfahrt zum Wal-Rodeo

Als die Kleidung endlich angelegt ist und ich meine Kamera in einem Plastemüllsack verstaut habe, damit sie nicht nass wird, lässt der Kapitän den Motor an und wir verlassen den Hafen zunächst langsam. Wir sitzen nicht auf normalen Sitzen, sondern wie auf einer Art gepolsterten Turnbalken mit Griffen vorn und einer Lehne dahinter. Ich fühle mich wie auf einem Pferd. Als wir aus dem Hafen fahren, gibt der Kapitän ordentlich Gas. Der Wind zieht an und als wir die See erreichen, fängt das Boot an über die Wellen zu springen. Immer wieder schießen wir über den Wellenkamm, nur um kurz darauf in ein Luftloch zu fallen. So geht es rund 15 Minuten lang. Ich freue mich wie ein kleines Kind über jeden Sprung und kann mich nur schwer abhalten bei den besten Sprüngen laut „Yeehaa!“ zu schreien. Ich hab schließlich mal im Mittleren Westen der USA gelebt, da gewöhnt man sich sowas an. Auch wegen der Sitze fühle ich mich wie bei einem Rodeo.

Papageientaucher beim Tauchen vor Puffin Island bei Husavik
Papageientaucher beim Tauchen vor Puffin Island bei Husavik

Papageientaucher sehen beim Zwischenstopp in Puffin Island

Nach 15 Minuten sind wir an der ersten Zwischenetappe. Der Unterschied zwischen beiden Touren beim Whale Watching Husavik mit Gentle Giants ist neben der Geschwindigkeits des Bootes, dass die Zodiac-Tour einen Zwischenstopp vor der kleinen Insel Puffin Island einlegt, wo tausende Papageientaucher nisten. Da ich die kleinen Tollpatsche aber schon in Látrabjarg in den Westfjorden gesehen habe, bin ich schon etwas gelangweilt. Zumal man die Tiere auf die Entfernung zur Insel selbst mit einem Teleobjektiv kaum ordentlich fotografieren kann. Trotzdem freue ich mich aber, die Papageientaucher auch mal tauchen zu sehen, da sie hier in Ruhe fischen können und daher auch heute zu Hunderten um das Boot schwirren. Auch viele andere Seevögel brüten am Kliff und stürzen immer wieder ins Meer. „Die Tiere lieben die Insel, weil es dort quasi keine natürlichen Feinde gibt“, erklärt Belen.

Mit Affenzahn zum Buckelwal

Aber ich bin froh, als das Boot wieder weiter fährt. Nicht nur weil ich endlich Wale sehen will, sondern auch weil das Boot ohne laufenden Motor ganz schön schwappt und die ersten beiden Mitreisenden sich schon ans Bootsheck verzogen haben, um ihren Mageninhalt loszuwerden. Das Zodiac beschleunigt jedes Mal ordentlich und klatscht nun in einem anderen Winkel gegen die Wellen. Das eiskalte Salzwasser ergießt sich über mein Gesicht. Ich habe das Meeressalz auf der Zunge. Nach der dritten Welle gebe ich es auf, sie davon befreien zu wollen. Ein paar hundert Meter entfernt liegt ein Eichenboot einer Whale Watching Tourfirma. Scheinbar haben sie etwas entdeckt, denn auch unser Kapitän hält darauf zu. Und tatsächlich. Zunächst erspähe ich am Horizont einen kurzen Wasserschwall, der wie ein kleiner Geysir in die Höhe schießt. Kurz danach zeigt sich auch der Buckel des Tieres bevor sich letztendlich die Schwanzflosse aus dem Wasser erhebt und in die Tiefen sinkt. Ich bin beeindruckt von der Anmut und Eleganz dieser riesigen Tiere. Es ist einfach atemberaubend den Walen in Husavik so nah kommen zu können.

Der Buckelwal kurz vor dem Abtauchen. Die Tiere bleiben meist 5 Minuten unter Wasser. Pottwale sogar bis zu einer Stunde.
Der Buckelwal kurz vor dem Abtauchen. Die Tiere bleiben meist 5 Minuten unter Wasser. Pottwale sogar bis zu einer Stunde.

Insgesamt 5 Buckelwale an diesem Nachmittag – aber kein Blauwal

Mehrere Minuten suchen unsere Augen das Wasser ab. Nach rund fünf, kommt er wieder an die Oberfläche. Diesmal aber ganz woanders. „Die Wale sind Tiere, die ändern auch spontan ihre Richtung. Daher wissen wir nie genau, wo sie auftauchen“, erklärt Belen. Zum Glück scheint heute Wal-Tag zu sein, denn wir haben sozusagen die Wahl, zwischen den Walen. Jedenfalls tauchen immer wieder Tiere am Horizont auf, woraufhin wir losbrettern. Mehrfach sind wir erfolgreich und kommen auch nah an die Tiere ran. Insgesamt sehen wir an diesem Tag fünf einzelne Buckelwale. Einen Blauwal jedoch bekommen wir nicht zu Gesicht.

Die Fluke des Buckelwals zeichnet jedes Tier aus. Anhand ihrer kann man die Tiere einzeln identifizieren.
Die Fluke des Buckelwals zeichnet jedes Tier aus. Anhand ihrer kann man die Tiere einzeln identifizieren.

Walarten vor Husavik

Dabei ist das in Husavik durchaus drin. Hätte ich an diesem Tag die Morgentour um 9 Uhr genommen, dann hätte ich sogar einen Blauwal zu sehen bekommen. „Das kommt häufiger vor“, sagt Belen. Allerdings ist es im Juli dann doch etwas ungewöhnlich, da die Tiere meist eher im Mai und Juni vor Husavik schwimmen. „Aber der Winter war so lang, da sind einige vielleicht etwas länger geblieben“, sagt sie. Neben den Buckelwalen und den Blauwalen sieht man gelegentlich auch Finnwale, die zweitgrößte Walart. Und das erstaunliche: Sie können sich scheinbar mit Blauwalen fortpflanzen. Vor Husavik werden auch immer wieder Hybriden zwischen Finnwalen und Blauwalen gesichtet. Man vermutet übrigens, dass der „einsamste Wal der Welt“ ein Hybride ist, da er weder auf der Frequenz der Blauwale noch der Finnwale singt.

Hier ist auch das Maul des Wals deutlich zu erkennen.
Hier ist auch das Maul des Wals deutlich zu erkennen.

Killerwale vor Husavik eher selten

Während man all diese Walarten vor Husavik häufig antrifft, ist es mit Killerwalen ganz anders. „Die schwimmen meist eher vor der Westküste bei Reykjavik“, erklärt Belen. „Ich habe in den letzten zwei Jahren 500 Touren gemacht“, erzählt mir der Kapitän. Killerwale habe er dabei nur dreimal gesehen. Auch Minkwale sind in Reykjavik häufiger als in Husavik. Meine Mit-Tramperin Hannah war vor unserem Treffen bereits auf einer Waltour in Reykjavik. Ihr Boot war dabei von Minkwalen umzingelt. „Ich wusste gar nicht, wo ich zuerst hinschauen sollte“, sagt sie. Ohnehin könne man die Minkwale jedoch recht leicht erkennen. „Die stinken wie Tote“, sagt sie. Tourguide Belen erklärt: „Das ist das Verdauungssystem der Minkwale. Das ist auch nur bei denen so schlimm.“

Die richtige Whale Watching Tour selber erkennen

Mehr Infos zu diesen Walen und wie ihr eine richtig gute Waltour erkennt, gibt es bei den Walfreunden der Whale und Dolphin Conservation. Hier findet ihr den kostenlosen WDC-Ratgeber Walbeobachtung.

Noch mehr Artikel zu Island gibt es hier

Die Fahrt wurde freundlicherweise von Gentle Giants ermöglicht. Meine Meinung ändert das, wie immer, nicht. 

Posted by Peter Althaus

Hi, ich bin Peter und ich schreibe hier auf Rooksack über meine Abenteuer mit dem Rucksack in der Welt. Wenn Du mehr davon willst, folge mir auf Facebook, Twitter oder abonnier uns per E-Mail!

5 Comments

  1. Oh Wow! Da muss ich definitiv auch mal hin wenn ich nach Island komme!

    Ich kann dir die Azoren, genauer gesagt die Insel Pico auch sehr empfehlen! Ich habe dort viele Pottwale und auch andere gesehen. Seitdem bin ich auch ganz begeistert von Walen und kann deine Begeisterung durchaus nachvollziehen 🙂

    Liebe Grüße,
    Jakob

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  2. Gut geschriebener Post, danke!
    War selbst auf einem der Eichenboote vor ca. 4 Jahren, Ende Juni und habe mehrere Minkwale sehen können. Ein unvergleichliches Erlebnis, ein MUSS wenn man an Husavik vorbeifährt, nicht lang drüber nachdenken, machen! 🙂
    In Reykjavik selbst habe ich keine Walfahrt gemacht. Makaber fand ich, dass man 100m vom Hafen entfernt Wal auch essen kann, wenns denn sein muss.

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  3. Wunderschöner Beitrag, der einem die Faszination für Wale näher bringt! 🙂 Ich möchte auch gern mal nach Island, um dort eine Whale Watching Tour zu machen!
    Liebe Grüße und danke für die tollen Tipps,
    Ela

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  4. Danke. Beim Lesen habe ich richtig Gänsehaut bekommen. 🙂 Ich finde Wale so beeindruckend und würde sie auch zu gerne mal live sehen. Bisher habe ich es irgendwie noch nie nach Island geschafft, aber das wird sich eindeutig noch ändern. Spätestens nachdem ich jetzt diesen tollen Post gelesen habe.

    Liebe Grüße aus Brixen Südtirol,
    Dani

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  5. […] Reiseblogger-Kollegin Jana von Sonne & Wolken empfiehlt die Arktischen Abenteurer und Peter von Rooksack ist ganz offensichtlich mit den Gentle Giants sehr zufrieden […]

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