Ich war 21 als ich mir mein erstes Auto zulegte. In dieser Zeit war an billige Fernbusse noch nicht zu denken. Ich fuhr damals oft zu Familie und Freunden nach Hause, die Verbindungen mit der Deutschen Bahn waren schlecht, die Preise ziemlich teuer. Auch der häufige Weg in andere Städte zu Freunden und Bekannten war mit der Bahn kaum zu bezahlen. Die DB hatte zuvor gerade wieder einmal die Preise für die Wochenendtickets erhöht. Und Trampen war für mich damals noch ein Fremdwort. Kurzum: Ich brauchte ein Auto.

Will Freiheit – biete Sitzplatz

Bis heute bin ich meistens mit dem Auto unterwegs. Pro Jahr fahre ich rund 35000 Kilometer. Ich brauche die Flexibilität. Ich liebe das Gefühl Auto zu fahren. Aber ich will auch nicht allzu viel Geld dafür ausgeben und der Umwelt nicht mehr schaden als nötig. Deshalb kam schon um das Jahr 2004 herum Mitfahrgelegenheit.de für mich wie gerufen. Kostenlos Angebote einstellen und nette Leute mitnehmen und damit den Sprit und die Fahrzeugkosten wenigstens etwas refinanzieren. Besonders als Student war es die beste Möglichkeit die Kosten auf mehr Schultern zu verteilen.

Über Jahre ging das gut. Doch vor rund zwei Jahren zeichneten sich zwei Wendepunkte ab. Der erste war die aufkommende Fernbus-Marktliberalisierung. Der zweite war die Einführung von Gebühren bei Mitfahrgelegenheit.de.

Freie Busse für freie Bürger

Was die Fernbus-Liberalisierung angeht, war ich früher noch ein großer Anhänger. Ich dachte mir, dass die Liberalisierung das Angebot erhöhen würde und die Bahn endlich wieder günstiger werden würde. Für das ÖPNV-Netz habe ich mir schnellere Verbindungen dadurch versprochen, dass die billigen Fernbusse vor allem Strecken abdecken, die mit den Zügen bisher schlecht angefahren werden. Diese Hoffnungen wurden nur zum Teil erfüllt. Denn die Preise bei der Bahn sind weiter gestiegen – wie immer. Die Fernbusse hingegen haben zwar zum Teil auch der Bahn Fahrgäste abspenstig gemacht. Aber besonders die Mitfahrgelegenheiten scheinen zu leiden. Wo ich früher die Anzeigen oft nach wenigen Stunden raus nehmen musste, weil ich alle Plätze besetzt hatte, bekomme ich heute kaum noch Anfragen. Auf der Strecke Jena nach Dresden, war es früher sehr leicht Leute zu finden. In letzter Zeit habe ich hier kaum noch Plätze besetzen können. Auf anderen Strecken sieht es oft nicht besser aus.

Warum gut wenn’s auch teuer geht?

Neben der Liberalisierung für Fernbusse ist auch der Betreiber von Mitfahrgelegenheit.de für die Misere mitverantwortlich. So hat Carpooling.com um Ostern 2013 entschieden, Gebühren von den Fahrern für die Mitfahrten zu erheben. Seitdem müssen diese Kontoinformationen hinterlegen und eine Gebühr von 11 Prozent des Fahrpreises an die Firma abdrücken. Die Folge war: Massiver Protest von Fahrern und Mitfahrern. Viele sind daraufhin zu anderen Betreibern gewechselt. Das Problem dabei: Es gibt mehrere kostenlose Anbieter und selbst ein Jahr später hat sich noch kein Anbieter als ernsthafte und vor allem einzige Alternative zu Mitfahrgelegenheit.de durchgesetzt. So setze ich mittlerweile meine Fahrten bei vier unterschiedlichen Portalen ins Internet. Bei Mitfahrgelegenheit mit Aufschlag, der die Gebühren deckt, bei BlaBlaCar, bei Fahrgemeinschaft.de und bei Besser-Mitfahren.de. Jedes Angebot einzustellen, kostet mich Zeit. Alle Seiten haben andere Einstellungen, nicht alle bieten Apps. Dafür gibt es nicht einmal eine Garantie, dass jemand mitfährt. Und die Mitfahrer steigen mittlerweile auch häufig in billige Fernbusse um, wie mir einige bereits bestätigt haben.
Hinzu kommt auch noch: Die Absagequote ist extrem gestiegen. Heute ist es fast schon normal, dass mir mindestens ein Mitfahrer pro Fahrt absagt. Das kostet mich jedes Mal Spritgeld, dass jemand anderes vielleicht gezahlt hätte. Gelegentlich fahre ich sogar Extratouren, nur um vor Ort festzustellen, dass niemand da ist. Neulich habe ich so das wunderschöne Dessau kennengelernt. Und ja, das meine ich ironisch, denn leider habe ich nur den Bahnhof eine halbe Stunde von außen betrachtet. Lieber hätte ich mir in dieser Zeit das Bauhaus angeschaut.

Fernbus killed my Ökobilanz

Der Aufschwung auf dem Fernbusmarkt, wie auch die Änderungen bei Mitfahrgelegenheit.de haben mittlerweile dazu geführt, dass ich seltener Mitfahrer mitnehme. Besonders die Fernbusse rühmen sich einer besseren Ökobilanz als die anderen Verkehrsmittel. Das mag aber auch nur durch die Auslastung so gut sein. So heißt Liberalisierung in dem Fall, dass besonders die starken Routen angeboten werden, die ohnehin stark nachgefragt werden. Sowohl die Bahn als auch die Mitfahrgelegenheiten decken aber auch entlegene Routen ab, während die Fernbusse eher die Schnäppchenjäger die sonst mit Bahn oder Mitfahrgelegenheiten gefahren wären, abziehen. Das versaut meine eigene Ökobilanz. Bei den billigen Fernbussen wird das nicht mit einberechnet, was sie an Mehr-CO2-Ausstoss liefern. Denn trotz der Busse, fahren die Bahnen weiter und verbrauchen Strom oder Diesel. Und trotzdem fahren auch die Autofahrer, besonders die Pendler, weiter mit ihren Autos und nehmen nun weniger Mitfahrer mit. Das heißt der Fernbus ist eher ein zusätzlicher CO2-Produzent als ein grünes Superverkehrsmittel. Da hilft es auch nicht, dass einige der Fernbuslinien Klimazertifikate anbieten, die erstens Schwachsinn und zweitens völlig überteuert sind. Auch die Kampfpreise bei denen die Anbieter der Fernbusse von den Billigfluglinien gelernt haben, könnten womöglich nicht ewig Bestand haben. Die Kannibalisierung auf dem Fernbusmarkt ist in vollem Gange. Denkt also bitte das nächste Mal darüber nach, wenn Ihr in einen gelben oder grünen oder roten Fernbus in die nächste Großstadt steigt. Vielleicht fahrt Ihr doch lieber wieder mal mit einer Mitfahrgelegenheit.

Was sind eure Erfahrungen mit Bahn, Mitfahrgelegenheit und Fernbus? Was ist günstiger, besser oder lustiger?

Posted by Peter Althaus

Hi, ich bin Peter und ich schreibe hier auf Rooksack über meine Abenteuer mit dem Rucksack in der Welt. Wenn Du mehr davon willst, folge mir auf Facebook, Twitter oder abonnier uns per E-Mail!

8 Comments

  1. Ein interessantes Thema was du da ansprichst. Ich habe selbst kein Auto, nutze aber für meine Strecke nach Thüringen immer einen Mietwagen, wo ich Leute mitnehme. Und auf der Strecke Düsseldorf – Kassel habe ich auch noch nette Menschen, die vor allem spontan unterwegs sind. Meist kommen die Anfragen am gleichen Tag und dann zahlt man mit dem Fernbus für die Strecke auch mal gleich 22 Euro. Was aber passiert ist, das die Preise gedrückt werden. Habe ich früher noch knapp 18 – 19 Euro für die Strecke bekommen, so sagen die Leute heute bei 16 schon… Gehts nicht billiger ? Und gott sei dank ist in der Region wo ich hinfahre, auch noch kein Fernbus hingekommen. Also da gibt s auch noch einige Mitfahrer. Ich selbst fahr auch häufiger mal Fernbus. Einfach wegen dem Komfort und weil es zur Bahn ne günstige Alternative ist. Beispiel Frankfurt – Köln. Kostet 3 Tage vorher knapp 40 – 50 Euro pro Strecke. Mit dem Bus kostet es zwischen 16 und 30 Euro (hin und zurück). Das macht schon einen Unterschied. Ich nutze weiterhin beides. Und finde das wiederspricht sich auch nicht. Nur die Einnahmen, die leiden drunter…

    Antworten

  2. Ich finde es gut, dass Fernbusse nun durch ganz Deutschland fahren. Bei MitfahrGelegeheit.de werden zwar viel Fahrten angeboten, da ich aber mindestens 50% alles Fahrten endtäuscht wurde habe ich irgendwann aufgehört das überhaupt zu benutzen. Es ist sicher gut für die Fahrer, da die ja auch noch ans Ziel kommen wenn jemand abspringt. Wenn der Fahrer aber gar nicht kommt oder zu seiner Eigenen Sicherheit mehr Leute organisiert hat als er mitnehmen kann wird man als Mitfahrer im Regen stehen gelassen.

    Ich halte Fernbuss für eine gute Sache. Die Bahn ist bekanntlich zu teuer und Mitfahrgelegenheit.de oder vergleichbare seiten kann ich als Mitfahrer nicht gebrauchen.

    Antworten

  3. Hallo Peter,
    du sprichst mir aus der Seele. Genau so ist es. Ich habe auch eine Standard-Strecke, die ich ein paar Mal im Jahr fahre. Früher haben mich immer mehr Leute angerufen, als ich überhaupt mitnehmen konnte. Es kam nur sehr selten vor, dass jemand abgesagt hat. Mittlerweile, meldet sich vielleicht eine Person oder max. zwei. Viele sagen so spontan ab, dass man so kurzfristig keine neuen Mitfahrer findet oder sie erscheinen einfach gar nicht erst am Treffpunkt. Oft bekomme ich auch Anrufe, ob ich nicht auch über Städte fahren kann, die ganz weit fernab von meiner Reiseroute liegen. Oder Leute buchen die Fahrt, sagen 2 Min. später wieder ab, rufen dann an um die Fahrt doch zu buchen und sagen 5 Min. später wieder ab. Ich nutze Mitfahrgelegenheit und BlaBlaCar. Welche Erfahrungen hast du mit Fahrgemeinschaft und Besser-Mitfahren gemacht? Ich kenne die Portale nicht. Kommt darüber überhaupt etwas rum?

    Ich selbst habe auch schon überlegt, ob ich mal einen Fernbus ausprobieren soll. Allerdings war mir die Fahrzeit zu lang.

    LG
    Lara

    Antworten

    1. Über den Autor Juni 19, 2014 at 10:57

      Hallo Lara,

      freut mich, dass Du das ähnlich siehst!Hat sich übrigens in den letzten Wochen bei mir so fortgesetzt. Auch Deine anderen Erfahrungen habe ich so miterlebt.
      Ich habe Besser-Mitfahren, Mitfahren.de (früher Drive2day.de) und fahrgemeinschaft.de probiert. Bei denen kommt immer mal jemand mit aber die weitaus meisten kommen weiter über die Mfg und über BlaBlaCar. Ich setze es bei den anderen also rein wenn ich Zeit habe.

      Ich selbst fahre manchmal Fernbus, wenn ich rechtzeitig buchen kann, um die Sparpreise zu nutzen. Die Fahrzeit von Jena nach Berlin geht eigentlich noch. Leider funktioniert das W-LAN nicht immer aber meistens geht es und dann schau ich da auch mal ein Filmchen über Prime Instant Video oder so 😀 In Berlin liegt der Busbahnhof ZOB auch recht weit weg. Aber den meisten Pendlern scheint das egal zu sein. Auf der Autobahn sehe ich immer mehr grüne und gelbe und weiße Busse. Aber probieren kann man es schon. Mein Auto steht in der Zeit halt dann rum.

      LG aus Berlin

      Peter

      Antworten

    2. Hallo Peter,

      sehr interessant, was Du geschrieben hast.

      Ich fahre regelmäßig die Strecke Berlin – Schwarzwald und zurück oder seltener Berlin – Amsterdam – Berlin. Bis zur Einführung der Vermittlungsgebühr habe ich über Mfg immer Mitfahrer gefunden oder war selbst Mitfahrer. Die Erhebung der Vermittlungsgebühr habe ich widersprochen und wurde daraufhin als Mitglied gekündigt. Seitdem hat sich für mich das Thema Mitfahren erledigt. Und ich bin froh, dass ich mich nicht mehr herumärgern muss mit teilweise völlig planlosen Mitfahrern, die sich anmelden, abmelden, wieder anmelden, und nicht erscheinen. Mit den meisten hat es aber sehr gut funktioniert.

      Die oben genannten Strecken fahre ich weiterhin meistens mit dem Auto. In anderen Fällen versuche ich über den Sparpreisfinder der Bahn, über fromatob oder über ltur (–> Bahn –> Sparangebote) kurzfristig einen billigen Fahrschein zu finden. Gegen eine Busfahrt Karlsruhe – Berlin oder zurück habe ich mich lange gesträubt, musste aber vor zwei Wochen dann doch den Fernbus nehmen, weil keine billigen Bahnfahrscheine zu finden waren.
      Und Lara, es war gar nicht schlimm, sondern sogar richtig entspannt. Die Busfahrt dauert zwar lange, ist aber mit einem guten Buch oder einigen Filmen auf dem Tablet/Notebook (Steckdosen sind im Bus vorhanden) gut zu überstehen. Im Auto bekomme ich als Beifahrer beim Lesen schnell Reisekrankheit, aber keine Spur davon auf der 9-stündigen Fahrt nach Berlin. Eine Autofahrt Schwarzwald – Berlin kostet mir ca. €47,00 (5 L Diesel auf 100 km) an Kraftstoff, die Busfahrt inklusive ÖPNV-Anfahrt nach Karlsruhe €38,00. Die Busfahrt hatte ich einen Tag vorher online gebucht.

      Antworten

  4. Herumtreiberin März 2, 2015 at 17:04

    Die Gebühren bei Mitfahrgelegenheiten ärgern mich total! Die Bahn war ja eh noch nie attraktiv mit ihrer Preispolitik, aber durch die Gebühren werden Mitfahrgelegenheiten auch nicht gerade attraktiver. Ich habe das „Glück“, dass auf meiner Strecke in die Heimat (Bremen – Mainz) der Fernbus 10 Stunden braucht – dadurch ist eine Mitfahrgelegenheit dann meistens doch noch attraktiver, aber ich stimme dir zu, dass häufig Mitfahrer abspringen und das nervt. 🙁

    Antworten

  5. Ich auch bin kein grosser Anhänger von Mitfahrgelegentheit. Genau, die Bahn ist nicht preisatraktiv, aber Fernbus ist schon ok. Preisgünstig, schnell und komfortabel, man müsse kein Koffer schleppen und Verbindungen sind auch sehr günstig.

    Antworten

  6. Ich bin auch total erschrocken, als ich meinen Account bei mitfahrgelegenheit.de wiederbelebt habe um seit Jahren mal wieder eine Strecke einzustellen, dass ich nun Kontoinformationen hinterlegen muss. Ich habs dann auch erst einmal gelassen. Und bei Mitfahrzentrale bin ich über die Zahlen gestolpert. 13 eingeloggte Mitglieder an einem späten Nachmittag? Was ist denn da los? Ich fahre nicht sehr oft alleine längere Strecken und nutze daher die Portale sehr sehr selten, aber sehe dadurch den Unterschied sehr sehr stark. Leider auch in der Resonanz zu meiner jetzt eingestellten Strecke – werde wohl alleine unterwegs sein.

    Antworten

Leave a reply

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert