Als ich an einem Mittwochabend Ende Juni 2013 mit der Fähre im Hafen der griechischen Insel Chios ankam, hatte ich mich über die Ägais gekämpft. Oder besser gesagt lief der Kampf eher mit dem Meer ab – und mit den Schiffen darauf.
Eines der Hauptprobleme im Land der Philosophen sind die oft philosophisch anmutenden Fährfahrplane. Vielleicht sind die griechischen Reedereibesitzer alle Kinder von Alexis Sorbas, dem Lebenskünstler aus dem Buch von Nikos Kazantzakis. Der Rhythmus des Transports ist gewöhnungsbedürftig. Mal fährt ein Schiff zweimal am Tag. Dann wieder drei Tage nicht. Manchmal fährt man über Nacht, manchmal tagsüber. Am Ende muss man abwägen ob man einen Tag auf dem Meer verbringen möchte. Ich tat das aus Kostengründen. Nachts, so dachte ich, braucht man eine Kabine. Wie ich heute weiß, kann man sich auch einfach mit dem Schlafsack an Deck oder in die Deckvorräume legen. Alexis Sorbas wäre sicher einfach an Bord gegangen. Im Grunde ist er das auch – als Buch in meinem Rooksack.
Ich war auf dem Weg nach Chios. Chios – eine Insel in der nördlichen Ägäis, nur wenige Kilometer vom türkischen Festland entfernt, ist achtmal so groß wie Mykonos und nur ein Hundertstel so touristisch. Ich wollte von dort später in die Türkei übersetzen, da es eine Fähre nach Cesme gibt. Die Fahrt zwischen den Inseln verlief ruhig. Zum Schlafen hatte ich mich nach draußen auf eine Aufbewahrungsbox für Rettungswesten auf dem Seitendeck gelegt. Das war bequemer als der Sitz, der wie bei Ryanair auf dem Passagierdeck angeordnet war und von dem man keinen Ausblick nach draußen hatte. Sonnencreme und Meeressalz trockneten auf meiner Haut in der griechischen Sonne. Das Schiff fuhr vorüber an Inseln mit malerischen Buchten. Üppige Segelyachten lagen dort vor Anker. Daneben türmten sich Berge aus Kalksteinen auf – genau so hatte ich mir Griechenland vorgestellt.
Nach einer Weile verließen wir die Route entlang der Inseln und kamen auf das offene Meer. Der Wind legte recht schnell und ordentlich zu. Mit der Fähre nach Chios zu fahren – das war kein Pappenstiel. Das Schiff kämpfte gegen die Wellen – einige andere Nicht-Griechen mit der Übelkeit. Doch über die Reling wollte sich niemand beugen. Denn immer wenn das Schiff eine der Wellen durchbrach, spritzte eine Fontäne an der Seite des Schiffes und spülte auf das Deck. Kein guter Zeitpunkt zum Kotzen.
Nach rund weiteren vier Stunden im hohen Bogen durch die Ägäis, lief die Fähre in das Hafenbecken von Chios ein. Die wenigen Couchsurfer auf der Insel hatten bereits eine Couchsurfing-Anfrage von mir bekommen. Ich fragte mich also ab dem Fährschiff durch. Ein etwas dicker Grieche mit grauem Haar und behaarter Brust bei offenem Hemd eröffnete mir: „There is plenty of rooms – at the end of the harbor is a Hostel. Look for Chios Rooms“. Die Chios Rooms waren zwar ausgeschildert und man konnte auch hineingehen, aber es war niemand da oder erhörte mein Klingeln. Also setzte ich mich zunächst an das Hafenbecken und beobachtete eine schwedische Familie beim Ausbooten aus ihrer Yacht. Kurz danach kam ein braungebrannter grauhaariger Typ und ging in den Eingang von Chios Rooms. Ich rannte mit einer Kippe im Mund schnell hinterher. Stellte sich raus, dass ich Glück hatte – es war Don der Besitzer. Ich fragte nach den Preisen. Da ich persönlich kam, war es etwas günstiger. Das Hostel war recht leer. Die Zimmer waren alle ordentlich und sehr sauber, dazu sehr farbenfroh eingerichtet. Durch das Fenster hatte man einen tollen Blick auf das Hafenbecken und die ankommenden Schiffe. Don hatte Zeit und saß mit den anderen Gästen in der Küche. ich fragte ihn die üblichen Fragen. Er war aus Neuseeland eingewandert, seine Frau Griechin und er schlägt sich mit dem Hostel mehr oder minder durch. Als ich gerade bezahlt hatte und mein Zeug auspackte klingelte mein Handy. „Hello! Is this Peter? Yes! I am Panagiotis. Your host from Couchsurfing!“ Ich war zunächst etwas perplex. Ich war gerade eingezogen. Ich war mich nicht sicher, ob ich zu ihm kommen könnte, aber ich schlug vor uns zu treffen. Bis dahin würde ich alles geregelt haben. Auch wenn ich Couchsurfer immer bevorzuge, war dieses Hostel wirklich gemütlich – und ich hatte ein Zimmer für mich allein. Doch Don willigte ohne Widerrede ein und gab mir mein Geld zurück. So kenne ich die Kiwis! Panagiotis kam eine Viertelstunde später – für die Insel standesgemäß mit einem Mofa.
Anreise: Nach Chios kann man entweder von Athen aus fliegen oder man nimmt die Fähre. Die Fähre nach Chios ist auf jeden Fall trotzdem zu empfehlen – besonders tagsüber. Die Fahrpläne kann man hier einsehen. Im Sommer und zu Feiertagen kommt es vor, dass die Schiffe bereits ausgebucht sind. Deswegen frühzeitig buchen. Die Überfahrt dauert zwischen 7 und 8 Stunden und ein einfacher Sitzplatz knapp 40 Euro.
Man kann jedoch auch aus der Türkei übersetzen. Dafür muss man zunächst in die Hafenstadt Cesme reisen. Von dort kann man für 25 Euro eine halbe Stunde Boot fahren und kommt im selben Hafen an.
Wem eine Schiffsreise aus bekannten Gründen überhaupt nicht zusagt, der kann von Athen aus direkt nach Chios fliegen. Der Flug kostet im Normalfall zwischen 80 und 100 Euro.
So schön die Fährreise auch klingt, aber bei Seegang würde ich selbst das Flugzeug vorziehen ;-). Ich bin schon gespannt auf Deine Erfahrungen beim Couchsurfing.
Also ein bissl schwummerig war mir schon:-) Aber ich hab schon schlimmeres erlebt. In der Türkei zum Beispiel. Am Sonntag geht es dann weiter. Vorher ein kurzer Ausflug nach Marburg.