Es ist wie ein Neuanfang, eine Geburt, wenn man frisch geduscht wieder starten kann. Auch an diesem Morgen starte ich in Boa Vista, breche zum Amazonas nach Manaus auf. Allerdings nicht ohne Brandwunden der letzten Fahrt. Hunderte Kilometer habe ich Wind und Sonne ins Gesicht bekommen. Erst beim Aussteigen aus dem Ananastransporter – ein alter VW Bulli bei dem bei jedem Aussteigen die Tür herausfiel – stellte sich heraus, dass noch zwei weitere Mitfahrer auch Tramper waren.
Nacht an der Straße wird mit Quadfahrt belohnt
Leider mussten wir erst einmal eine Nacht an der Straße verbringen, denn wir fanden keine weitere Mitfahrgelegenheit. Doch wie es so ist, wenn man per Anhalter fährt, gab es nach dieser Ernüchterung gleich eine Premiere: Ich konnte ein Quad anhalten – mein erstes Mal als Anhalter auf einem Quad (siehe Bild oben). Auf einem Trike war ich schon mitgefahren aber nun vorn auf dem Gepäckträger eines Quads, das war schon eine Erfahrung wert!
Per Anhalter über den Äquator nach Manaus
Und am selben Tag habe ich es dann auch noch geschafft, den Äquator per Anhalter zu überqueren. Das habe ich das letzte Mal schon vor ein paar Jahren in Uganda geschafft. Aber ich habe noch einmal genau hingefühlt und bin mir jetzt sicher: Man spürt es überhaupt nicht! Nicht viel weiter war ich dann auch schon in Manaus. Manaus ist die Hauptstadt des Bundesstaates Amazonas in Brasilien. Sie war vor 150 Jahren das Weltzentrum der Kautschukproduktion. Kautschuk brauchte man für Maschinen und die Reifenproduktion. So wurde Manaus eine der reichsten Städte der Welt. Und das Obwohl sie mitten im Amazonasgebiet und an einem Fluss liegt.
Zu dieser Zeit wurde dort auch das modernste Theater der Welt aus europäischen Materialien gebaut, die allesamt dorthin verschifft worden. Es ist das berühmteste Gebäude der Stadt. Und wenn man ein Konzert dort besuchen kann, lohnt sich der Besuch besonders. Der Eintritt ist nämlich frei! Es war kein umwerfendes musikalisches Ereignis aber dafür habe ich danach mit der Kneipenband auf der Straße musiziert. Das war vielleicht auch kein umwerfendes musikalisches Ereignis. Aber ihr wisst ja, wie mein Motto lautet: Agieren ist besser als konsumieren!
Mit dem Schnellboot nach Kolumbien
Mit dem Abschied aus Manaus, habe ich mich auf den Fluss begeben. Dort bin ich 36 Stunden ununterbrochen mit einem ohrenbetäubend schnellem Boot 2000 Kilometer den Amazonas hochgefahren, zur kolumbianischen Grenze.Immer wieder haben wir in kleinen Dörfern angehalten, die keine Straßenanbindung kennen. Der Fluss ist die Straße, breiter, als jede Autobahn und Tausende Kilometer lang. Das kann man sich kaum vorstellen!
Sogar die Kinder fahren mit dem Schulboot zur Schule. Könnten wir ja in Halle auch machen! So weit ist das Riesenklein auch nicht von der Saale entfernt. Nur in Eisleben ist die Böse Sieben nur selten schiffbar. Im Grenzort Tabatinga angekommen, muss man zu Fuß über die Grenze nach Kolumbien laufen und man ist im Land der unbegrenzten Cocafelder.
Einmal Faultier streicheln bitte!
Von dort ging es noch einmal 100 km flussaufwärts in den Dschungel. Unbegreiflich heiß, schwül aber atemberaubend. Es gibt so viele Tiere zu sehen: Affen, Faultiere, Kaimane, Wasserschweine, Papageien. Viele Tiere kann man sogar anfassen. Andere will man lieber nicht anfassen – wie eine die Schaben in der Größe einer E27-Glühbirne.
Die gab es in unserer Unterkunft am Fluss. Zum Luxus dieser Behausung gehörte auch eine Waschmaschine, die mit Solarstrom lief. Dafür hatte sie aber leider keinen Wasseranschluss. Da musste man sich im Programm schon ein bisschen auskennen und an der richtigen Stelle mit dem Wassereimer parat stehen!
Dafür gab es jeden Abend pünktlich einen Regenschauer, der sich gewaschen hatte. Es sollte nicht Regenwald heißen sondern Alles-was-oben-ist-muss-raus-Wald. Die Kleidung ist am Körper verschimmelt, alles klamm, stickig und klebrig. Aber man kann die Piranhas, Kaimane und Penisfische mal kurz vergessen und schwimmen gehen. Und wenn man wirklich sucht, findet man auch Zuhörer, die sich, fernab der Zivilisation für klassische Musik interessieren.
Von diesem Ort kommt man nur mit dem Boot oder dem Schiff weiter. Weil meine Zeit langsam dem Ende zugeht, habe ich mich dieses Mal schändlicherweise für das Flugzeug entschieden, das mich nach Bogota bringen soll. Von dort soll es dann nach Süden und zurück nach Brasilien gehen. Davon im nächsten Blogpost mehr!