Als Christone „Kingfish“ Ingram mit den Zähnen auf seiner E-Gitarre herumkaut und es immer noch feinste Blues-Rhythmen ergibt, jubeln die Konzertbesucher. Jetzt wissen sie, wo der Puls von Amerika schlägt. Ein Großteil der Blues-Legenden stammt aus dem Mississippi Blues Delta. Hier entstand dieser Vater des Rock – gesungen von schwarzen Landarbeitern, die sich auf den Baumwollfeldern verdingten und sich nach Feierabend den Frust von der Seele sangen. Oder wie man in Mississippi sagt: „Sie hatten den Blues.“ Hier soll es auch gewesen sein, wo der Blues-Musiker Robert Johnson einst vor dem Teufel niederkniete und den Blues bekommen haben soll. Nach seiner Rückkehr von dieser Begegnung, soll er die Gitarre wie ein Gott gespielt haben (mehr zu dieser Legende demnächst).
Clarksdale – Hauptstadt des Mississippi Blues Delta
Auch heute noch ist die Musik lebendig. Die Gegend rund um die 20.000-Einwohner-Stadt Clarkdale in Mississippi wird immer populärer.„Als ich vor 15 Jahren hierher kam, da gab es die Blues-Kultur zwar, aber die einzelnen Clubs und Orte waren kaum vernetzt“, berichtet Roger Stolle, der den Laden „CatHead“ für Blues-Devotionalien in Clarksdale betreibt und Bücher über die Blues-Szene veröffentlicht hat. „Mittlerweile kennt man sich untereinander, schickt sich gegenseitig die Gäste in die Läden und informiert über Veranstaltungen“, so Stolle. So spielt an fast jedem Abend des Jahres in der Kleinstadt mindestens ein Blues-Musiker, an Wochenenden gleich mehrere. In Clubs wie dem Ground Zero treten Blues-Musiker aus den ganzen USA auf.
Juke Joints im Mississippi Blues Delta
Den Flair aus dieser Zeit bekommt, wer in eine der Kneipen der schwarzen Landarbeiter fährt. Der Juke Joint „Po Monkey’s“ gilt als die Ikone dieser authentischen Orte der Blues-Geschichte. In dem zusammengezimmerten Schuppen auf einem Feld bei Merigold versammeln sich jede Woche Einheimische und Touristen, um zusammen zu trinken, Billard zu spielen und zu Diskosounds zu tanzen. „Die Juke Joints sind zwar Blues-Kneipen, aber dort wird nicht nur Blues gespielt“, berichtet Blues-Experte Roger Stolle. Oft hätten die Besitzer kein Geld, um Bluesbands zu engagieren. Anders ist es in Red’s Lounge, wo Betreiber Red Paden immer wieder Künstler aus der Region, oft mit internationaler Bekanntheit auftreten lässt. „Blues ist meine Familie“, sagt er.
Wohnen und den Blues bekommen
Damit Besucher den Flair des Blues Delta einfangen können, wurden in den vergangen Jahren neue Hotelprojekte verwirklicht. In Hotels wie dem Shack Up Inn in Clarksdale wurden die Hütten der Landarbeiter nachgebaut – allerdings mit modernen Annehmlichkeiten, wie einer Dusche und einer Toilette. Auch auf dem Gelände der Tallahatchee Flats, die ein ähnliches Konzept verfolgen, finden Besucher diese Hütten und allerlei Antiquitäten aus der ersten Hälfte des zwanzigsten Jahrhunderts – inklusive altem Traktor.
Noch komfortabler wohnt man in den Lofts at the Five and Dime. Besitzer Bubba O’Keffe hat das alte Warenhaus gekauft und das Erdgeschoss in ein trendiges Restaurant umgewandelt, das leckere Gerichte mit regionalen Produkten anbietet – ganz anders als man es vom Fast-Food-Land USA erwartet. Das Obergeschoss hingegen wurde zu luxuriösen Ferienapartments – inklusive Kühlschrank mit Eiswürfelspender. „Ich liebe die Leute hier und ich liebe meine Stadt und ihre Geschichte“, sagt O’Keffe.
Die Geschichte des Mississippi Blues Delta erfahren
Auf den nahen Dockery Farms kann man hingegen das Leid der schwarzen Landarbeiter erahnen. Dort informieren Schautafeln über ihr Leben und die harten Arbeitsbedingungen auf den Baumwollfeldern. Erst später wurde der Blues für viele ein Ausweg aus der Armutsfalle, wie man in Indianola sehen kann. Dort wurde auch einem der wohl bekanntesten Blues-Musiker ein Denkmal gesetzt. Im B.B. King Museum wird die Lebensgeschichte von Riley B. King erzählt und wie er zum Multimillionär wurde und Einfluss auf die moderne Popkultur hatte. Er arbeitete mit Muddy Waters, Ray Charles oder Ike und Tina Turner zusammen. Der Zustrom ins Museum hat seit dem Tod von B.B. King im vergangenen Jahr noch zugenommen. Auch ins Delta Blues Museum in Clarksdale kommen immer mehr und wollen etwas über den Blues erfahren.
Museum hin oder her – am Ende des Abends wird sich die Blues-Gemeinde wieder bei einem Konzert in Clarksdale einfinden und den Musikern zuhören, die demnächst in die Fußstapfen von B.B. King treten werden . So wie Christone „Kingfish“ Ingram, der bereits für US-Präsident Barack Obama gespielt hat.
Am morgigen Donnerstag erscheinen die Reise-Tipps für das Blues-Delta, am Sonntag dann noch eine Geschichte, wie ich auf den Spuren des Teufels wandelte. Falls ihr nix verpassen wollt, folgt Rooksack auf Facebook oder abonniert die Beiträge hier oben rechts per E-Mail!
Danke Peter,
sehr hilfreich, da Clarksdale auf unserer Route im Mai liegt.
Gern. Dann unbedingt dranbleiben! Morgen und Sonntag kommen dazu noch zwei Geschichten!