Pakistan scheut keinen Aufwand. Zum Bahnhof wird für mich eine Polizeieskorte bestellt. Doch als sie nicht kommt, fährt mich der Besitzer eben selbst mit dem Motorrad – vorbei an streng bewachten Ministerien. Ich frage mich immer, wer schützt den Pakistaner, der seinen Streitwagen todesmutig durch das Verkehrschaos lenkt? Und was ist seine kostbare Fracht? Im Bahnhof geht alles wieder seinen geregelten Gang, Formalitäten und Militär. Aber ich verabschiede mich von dem besonderen Service mit einer kleinen musikalischen Einlage, dann rollt der Zug ab. Hauptsache raus aus Balutschistan, damit ich mich wieder frei bewegen kann.
Attraktion im Zug
Die Zugfahrt ist beeindruckend. Da ich das billigste Ticket gekauft habe, habe ich natürlich nicht viel Platz aber dafür umso mehr interessierte Mitreisende. Viele wollen ein Selfie und alle dürfen auf der Trompete ein paar Töne versuchen. Immer wieder kommen auch Reisende aus der 1. Klasse, um mir einen Besuch abzustatten, mich zum Tee einzuladen oder um einfach nur dazustehen. Kurz, es wird nicht langweilig, auch wenn die vorbeirauschende Landschaft wenig zu bieten hat. Dafür gibt es umso mehr Müll, der neben den Gleisen liegt.
Außerdem muß man dem Servicepersonal in der Bahn ein großes Kompliment aussprechen. Ständig kommen engagierte Geschäftsmänner und bieten Waren feil. Vom Obstsalat bis zum Kamm kann man alles kaufen – und ich kaufe auch alles – bis auf den Kamm.
Meine Reise geht nach Multan, der ersten Stadt, außerhalb des Sperrgebietes. Dort angekommen muß ich allerdings feststellen, dass mir kein bezahlbares Hotel Unterkunft gewähren will. Ihnen fehlt die Genehmigung für Ausländer. Also beschließe ich weiterzureisen und sehe mich nach Verkehrsmitteln um. Die Auswahl ist beeindruckend.
Blinde Höllenfahrt
Schließlich entscheide ich mich doch für die farbenfrohste Variante und fahre mit verschiedenen Truckern. Wir teilen das Essen und das Bett und haben jede Menge Spaß. Der Spaß endet erst, als ich auf dem Weg von Islamabad nach Lahore einen LKW erwische der, wie alle, keinen funktionierenden Scheibenwischer hat. Nur bei den anderen hat es auch nicht geregnet. Nun ist es Nacht, es schüttet wie aus Eimern und wir sehen überhaupt nichts. Die Lüftung funktioniert nicht, so dass die Scheiben auch noch beschlagen. Hinzu kommt, dass andere Autos oft keine Rücklichter haben. Kurz, eine Höllenfahrt in 7 Stunden für 250 Kilometer. Kurz vor Lahore übernachte ich noch schnell an der Raststätte und werde morgens vom Restaurantsbesitzer zum Frühstück eingeladen.
Wie ich in Lahore in eine Hochzeit platzte
Lahore ist eine Millionenstadt an der Grenze zu Indien. Ich irre umher und treffe gleich auf eine Band, die sich freut, als ich meine Trompete zücke. Und da sich herausstellt, dass es eine Hochzeitskapelle ist, die in der Straße auf das Brautpaar wartet, werde ich, wer hat es geahnt, gleich eingeladen und es gibt reichlich Essen. Ansonsten ist leider nicht so viel los, da die Band nur für die Straßenmusik zuständig war. Noch als ich esse, kommt allerdings ein Gast und fragt, wer mich eingeladen hat. Aber diejenigen, die mich eben noch gedrängt haben, mitzufeiern sind auf einmal alle weg. Also fliege ich so schnell, wie ich gekommen bin auch wieder raus. Leider ist zu diesem Zeitpunkt die Braut noch gar nicht da gewesen. Wie gewonnen, so zerronnen. Der Ruhm des Reisemusikanten!
Gefährliche Grenze
Die indische Grenze ist nah, ich besuche noch ein paar Highlights und dann endlich geht es über den einzigen Grenzübergang, der zwischen Pakistan und Indien passierbar ist. Der Hass zwischen den beiden Ländern ist nach mehreren Kriegen, dem Atomarsenal und dem Kashmirkonflikt so allgegenwärtig, dass es täglich Tote an dieser Grenze gibt. Doch ich kann froh sein, die Grenze passiert zu haben. Am nächsten Tag gibt es im Lahore einen Terroranschlag mit vielen Toten.
Im nächsten Bericht erfahrt ihr mehr über meine Reise in Indien, den goldenen Tempel der Sikhs und den Tempel des Dalai Lama.