Es gibt gar nicht so wenig Dinge, bei denen man etwas Zeit braucht, um mit ihnen warm zu werden. Die meisten Alben meiner Lieblingsbands zum Beispiel muss ich erst fünf- oder sechsmal hören, bevor ich mich mit ihnen anfreunden kann. Auch mit einigen Menschen brauche ich Zeit um mit ihnen warm zu werden. Das kann daran liegen, dass ich sie in Situationen treffe, in denen ich einfach gerade einen anderen Gemütszustand habe, einen anderen anderen Tag hatte, ein anderes Leben. Oft kam es aber vor, dass ich Menschen bei einem zweiten Treffen ganz anders erlebt habe – einige von ihnen zählen heute zu meinen Ängsten Freunden.

Orte lieben auf den zweiten Blick

Und es gibt dieses Phänomen auch bei Orten. Ganz stark ist es mir bei Budapest aufgefallen. Als ich 2007 das erste Mal dort war, fand ich die Stadt öde und im Vergleich zu Prag, Warschau oder Vilnius ganz unspannend. Als ich nun aber wieder dort war, erlebt ich eine tolle Stadt, mit gutem Essen, einem sehr interessanten jüdischen Viertel und vielen ungewöhnlichen Sehenswürdigkeiten. So kann sich die Perspektive ändern.

Auch in Deutschland gibt es solche Orte. Einer davon ist das, was Rainald Grebe in seinem Lied mal beschrieb mit „Es gibt Länder wo richtig was los ist und es gibt ….“ Na, ihr wisst was ich meine! Genau. Brandenburg. Und in der Tat beschränkte sich meine Brandenburg-Erfahrung auf die Autobahn-Klos zwischen Leipzig und Berlin, den Grenzübergang nach Polen bei Frankfurt/Oder und besagtes Lied von Rainald Grebe.

Doch wie man sich manchmal Dinge nicht aussuchen kann, kam ich 2013 zur Lausitzer Rundschau nach Forst bei Cottbus, weil ich damals dort eine Elternzeitvertretung übernommen hatte. Zunächst klang Forst für mich wenig spannend. Und in der Tat würde ich Forst nicht unbedingt als schönste Stadt Deutschlands sehen. Das sehen die Forster aber übrigens ganz anders. Aber Forst und die Lausitz sind mir in diesem einem Jahr ans Herz gewachsen und damit auch Brandenburg. Diese Liebe pflege ich jetzt weiter und es kommen ständig neue Gründe dazu. Dennoch will ich euch mal ein paar Anregungen geben.

Das Essen in Brandenburg hab ich ganz vergessen zu erwähnen.
Das Essen in Brandenburg hab ich ganz vergessen zu erwähnen.

Die Sprache klingt so gemütlich

Also ich hab ja eh eine Schwäche für ostdeutsche Dialekte, bin ja selber von hier. Ich liebe den Mansfelder Dialekt, weil es meine Heimat ist. Aber schön ist er nicht (auch wenn das die Mansfelder wieder nicht so sehen). Könnte ich mir einen Dialekt aussuchen, ich würde das Mark-Brandenburgische wählen. Es ist etwas sanfter als das Berlinerische und klingt einfach so freundlich. Auch in der Lausitz mochte ich es, wenn die Leute gesprochen haben. Und außerdem gibt es in Brandenburg vereinzelt ja auch noch das Sorbische, wie im Spreewald. Das ist ja nun eine ganz eigene Sprache und kulturell unheimlich interessant.

Die Menschen sind so herzlich

Ich komme aus einer eher muffligen Gegend. Im Mansfelder Land geht es etwas rauher zu, die Menschen fassen sich nicht gerade mit Samthandschuhen an. In Berlin ist man ebenfalls sehr direkt, das kann man mögen, muss man aber nicht. In Brandenburg hingegen kamen mir die Menschen immer sehr herzlich vor. Nicht aufdringlich freundlich aber besonders beim Bäcker oder in den Märkten hört man immer ein freundliches „Guten Tag“ und auch ein „Danke“ oder „Bitte“. In Berlin ist das schon fast eine Seltenheit, leider.

Die flachen Felder in Brandenburg finden auch die Vögel geil.
Die flachen Felder in Brandenburg finden auch die Vögel geil.

Das Land ist so flach

Wer die Berge liebt, der wird mit Brandenburg nicht Freund. Aber wer es gern flach hat, der ist hier genau richtig. Kaum eine Erhebung über hundert Meter hoch. Das ist ein Vorteil: Nicht nur kann man in Brandenburg die Weite begreifen. Sie ist auch praktisch erlebbar. Beim Fahrradfahren, was in Brandenburg quasi Volkssport ist (besonders in der Lausitz), brauch man sich eigentlich nie anstrengen. Es gibt schließlich kaum Berge. Mountain-Biking ohne Mountain quasi. Ich find’s geil!

Es gibt viele Wälder

Und auch wenn es keine Berge gibt, kann Brandenburg dafür umso mehr mit Wäldern pumpen. Die Heidelandschaften in der Lausitz sind wirklich schön. Nirgendwo sonst sieht man aber auch so riesige Nadelwälder wie in Brandenburg, wo sie wegen der kargen Sandböden am besten wachsen.

Guben ist zweigeteilt in eine deutsche und eine polnische Seite.
Guben ist zweigeteilt in eine deutsche und eine polnische Seite.

Brandenburg ist Grenzland

Ich persönlich bedauere es, dass ich in Sachsen-Anhalt so weit weg von Grenzen aufgewachsen bin. In Brandenburg ist man zumindest im Osten immer in der Nähe zu Polen. Man kann einfach mal rüber fahren und etwas ausländisches Flair schnuppern. Guben zum Beispiel ist als Stadt sogar halb Polnisch, halb Deutsch, genau wie auch Frankfurt und einige andere Orte entlang der Grenze. Einziger Nachteil: Viele Brandenburger sehen das leider nicht als Vorteil. Vorurteile sind mitunter noch weit verbreitet. Aber das sind die leider auch in den meisten anderen Bundesländern, nicht nur in Brandenburg.

Es ist einsam

Aber das ist im Grunde fast schon kein Problem, denn in Brandenburg gibt es eh so wenig Menschen. Nur in Mecklenburg-Vorpommern wohnen auf die Fläche bezogen noch weniger Menschen. Ich mag die Ruhe. Besonders im Vergleich zur hektischen Großstadt Berlin ist Brandenburg einfach manchmal die willkommene Abwechslung. Wenig Verkehr, wenig Warteschlangen, viel Einsamkeit – zum Abschalten echt klasse.

Ab Freitag übernachte ich auf dem Floß bei Beeskow.
Ab Freitag übernachte ich auf dem Floß bei Beeskow. Foto: Brandenburg-Tourismus

Es gibt unzählige Seen

Und genau diese Einsamkeit suche ich auch, wie dann wenn ich an meinen neuen Lieblingssee in der Nähe von Königs Wusterhausen fahre (damit das so bleibt verrate ich euch auch nicht welcher es ist – aber wer will kann mit mir gerne nochmal hinfahren, so lange es warm ist). Brandenburg ist voll mit Seen und leer von Menschen – die perfekte Mischung. An meiner Lieblingsbadestelle bin ich oft allein, während meine Berliner Freunde sich am Schlachtensee oder gar am Weißen See wie die Sardinen am Strand aufreihen. Und genau das ist auch der Grund warum ich nun dieses Wochenende einfach auf einem Floß auf dem Schwielochsee bei Beeskow verbringen werde. Ganz ohne Menschen, nur das Wasser, das Floß und ich. Na gut, vielleicht kommt noch jemand mit aber das entscheiden die. Wenn nicht, nehme ich mir ein paar Bücher mit (Jack Kerouac „On the road“, meinen Ghana-Reiseführer) und meine Badehose und erhole mich einfach nur. So lässt es sich aushalten.

Danke schonmal an die Einladung zur Floßfahrt an Tourismus-Marketing Brandenburg und an Huckleberrys Tour. Trotzdem ist meine Meinung meine eigene, sonst würde das hier nicht stehen.

Posted by Peter Althaus

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