Lange schon bin ich nicht mehr mit der Fähre gefahren. Nach langem Überlegen, fällt mir ein, wo es war: eine Saaleüberquerung, auf dem Weg zum Auftritt nach Brachwitz mit Nicky. Ein unvergesslicher Abend, die Hochzeit von Dennis und Eileen im letzten Sommer. Diese Fähre, mit der schlechtesten Band der Karibik an Bord, fährt nach Puerto Rico. Merkwürdig, denn Puerto Rico ist ein Außengebiet der Vereinigten Staaten von Amerika. Dabei liegt es über 1000 Kilometer von Miami entfernt.
Vieles ist daher, wie man es sich vorstellt. Kreuzfahrtschiffe, Amis, Subway und große Einkaufszentren. Aber vor allem gibt es viele Autos und es lässt sich sehr schlecht trampen. Zum Glück dauert mein Zwischenstopp nur zwei Tage. Das hält man überall aus, und sei es unter Palmen in San Juan, der alten, farbenfrohen, kolonialen Hauptstadt. Wie Eisleben, zählt auch die Altstadt von San Juan zum Welkulturerbe. Da fühlt man sich ja gleich ein bisschen zu Hause.
Inselhopping in der Karibik und ein Übersee-Popstar in Klein-Holland
Die Weiterreise gestaltete sich dann ein wenig kompliziert: ein kurzer Flug nach Sint Maarten, zu den holländischen Antillen, umsteigen und weiter nach Curacao. Dort 20 Stunden Aufenthalt. Länger muß man dort auch nicht zubringen.
Mein Tipp: Ein Tag Curacao für 25 Dollar. Vom Flughafen nach Wilhelmstaat getrampt. In die Kneipe mit Lutti auf ein paar Bier, Stadtrundfahrt mit besoffenem Lutti, eine Nacht, mit den Pennern gleich neben dem Kreuzfahrtschiff, morgens Melone und Ananas zum Frühstück. Alles sieht ein wenig holländisch aus. Dazu wird auch Holländisch gesprochen. Das wirkt alles schon sehr speziell. Das ist der Kolonialgeschichte geschuldet.
Am nächsten Morgen bin ich durch die Stadt gezogen und habe noch mit einer Straßenband aufgespielt. Mein erstes Konzert in der Karibik. Wenn das nicht der Durchbruch in Übersee ist.
Es war schön, endlich mal wieder frei spielen zu können. Denn in den meisten Hotels waren die Betreiber und Gäste gar nicht so angetan von meinen Trompetenübungen. Umso mehr die Kreufahrttouristen in Curacao. Musik ist ein großartiges Kommunikationsmittel. Ich genieße es immer mehr, dass ich diesmal mein Instrument dabei habe. Dann, wie auf einer Richtigen Tournee, zurück zum Flughafen, 5 Dollar Transitgebühren und weiter ging es nach Trinidad.
Nur von dort gibt es ein Schiff nach Südamerika und es hört hoffentlich endlich die Fliegerei auf.
So lang will ich gar nicht bleiben in Trinidad und Tobago
Auch hier in Trinidad und Tobago will ich nicht lange verweilen. Aber zuerst scheitert es fast an der Einreise. Denn ich habe kein Weiterreiseticket. Immer öfter erlebe ich es, dass beim Einreisen erst einmal nach der Ausreise gefragt wird. Meine schlimmste Erfahrung dazu waren die 5 Stunden Verhör in Israel. Abartig und unvergessen und menschenverachtend in Sasimanier.
Diese Mal konnte ich mit meinem vollgestempelten Pass so lange auf den Putz hauen, bis mir die Verantwortlichen glaubten, dass ich nun nicht grade in Trinidad meinen Lebensabend verbringen will, wenn ich schon gerne reise. Außerdem gibt es gar kein Schiff nach Venezuela, so war die offizielle Meinung der Verantwortlichen. Nun, wir werden sehen, dachte ich mir. Wir haben es ja bei der Beringstraße auch gesehen. Manchmal sieht alles aus der Nähe ganz anders aus. Nur eben nicht immer besser.
Nach ein paar Stunden in der Hauptstadt, Port of Spain, die sich gerade in vollem Gange, wie die ganze Region, auf den Karneval vorbereitet, bin ich Richtung Süden, nach Cedros getrampt, wo das Schiff nach Venezuela abfahren soll.
Das Trampen ging, wie immer super, auch wenn die Hitze fast unerträglich war, ich immer wieder durch Serpentinen durch den Dschungel laufen musste und selten Autos kamen. Einmal haben mir die Leute am Straßenrand sogar Orangen geschenkt. Ähnliche Situationen habe ich immer wieder erlebt, auf dieser und auf allen zurückliegenden Reisen. Die Welt meint es einfach gut mit mir. Und diese Momente machen mir Mut, dass es eine gute Welt mit guten Menschen ist, die Zukunft hat. Wir müssen es nur erkennen und selbst auch gut sein, dann bleibt es lebenswert und wir bleiben glücklich, davon bin ich überzeugt.
In Cedros stellte sich ganz schnell heraus, dass es nicht einmal Hafen gibt. Aber es gibt einen Bootssteg und eine Behörde. Das macht ja schon einmal Mut. Nur keine Boote am Wochenende. Zwei Tage warten, dann gibt es vielleicht ein Boot. Wie immer, wenn ich ein Schiff nehmen will, werde ich gestoppt. Fünf Tage im Iran in Richtung Dubai, sechs Tage in der Türkei, Richtung (Nord-) Zypern, sieben Tage in Baku, Richtung Kasachstan, und und und.
Auf der Suche nach einer Unterkunft ist mir dann sehr schnell die Laune vergangen, denn es gab nur Zimmer, von 80 US$ aufwärts und das kommt auf keinen Fall in Frage.
Nach langer Suche habe ich dann Churaman getroffen, der mich kurzerhand mit nach Hause genommen hat.
Er war Schmuggler und Kiffer aber ein netter Mann und ich konnte zwei Nächte mein Moskitonetz unter seine Hütte hängen.
Zika-Virus auch für mich
Was will man mehr, kommt auch kein Zika rein, dachte ich erst, doch dann sah die Sache schnell ganz anders aus und mir wurde klar dass es höchstens nicht raus kann.
Warum ich nicht? Wenn es Millionen hier haben, kann ich es auch haben. Immerhin hat es ja drei Wochen gedauert, bis ich es hatte. Und die Moskitonetze waren mit 15 Euro einfach zu teuer in Haiti.
Genau, wie beschrieben kam dann meine Zika-Infektion. Gliederschmerzen, Fieber, Ausschlag, drei Tage Generve, dann alles wieder normal. So war es denn auch. Alles überstanden, rauf auf́s Boot und ab, gen Venezuela.
Die Überfahrt dauert nach Tecupita ungefähr fünf Stunden. Eine Stunde über den Ozean, vorbei an Gasbohrinseln über das offene Meer. Mit 150 PS an einem kleinen Boot eine laute und stampfende Angelegenheit, aber schnell. Danach Hunderte Kilometer den Orinoco flussaufwärts. Vorbei an Indianerdörfern und Menschen in Einbäumen. Die Reise geht durch den Dschungel.
Mit dem Boot durch den Dschungel
Am Ufer bunte Vögel, unbeschreibbares Grün, Weite und überall dieser riesige Fluss. Das macht Lust auf dieses, mir völlig unbekannte Land. Auch wenn die Warnungen die Vorfreude überschatten. Ich habe auf der Reise nur einen Menschen getroffen, der in Venezuela war und der wurde am ersten Tag dort völlig ausgeraubt. Und der Gedanke daran, ohne Trompete weiterreisen zu müssen macht mich traurig. Wir werden sehen.