Es ist wie immer im Leben, wenn man weiß, wie es geht, ist es ganz einfach. Genauso ist es auch mit dem Trampen in den Staaten. Ich habe von San Francisco bis nach Sacramento den Bus genommen. In Sacramento ist der Regierungssitz von Kalifornien. Wichtiger für mich war jedoch, dass die Stadt Interstate Highway 5 liegt, der direkt nach Vancouver in Kanada führt.
Also raus aus der Stadt und halbwegs schnell ins erste Auto. Alfred, sieht nicht nur deutsch aus, er ist es auch. Zumindest seine Eltern sind es. Leider spricht er kein Wort Deutsch. Aber das macht ja nix, Hauptsache er hat einen Volkswagen Jetta.
Strategie fürs Trampen in den USA
Auf großen Highways gibt es Rest Areas. Das sind Autobahnparkplätze mit Klo und manchmal Kaffeebuden, LKWs, Trinkbrunnen und vielen Wohnmobilen. Dort kann man mit den Fahrern reden und so etwas Vertrauen aufbauen, was in Amerika genauso fehlt, wie gutes Brot. Es hat sich herausgestellt, dass folgende Strategie am erfolgreisten war: Ich betone, dass ich aus Deutschland komme und stelle mich ganz wohlerzogen vor. Außerdem vermeide ich alle Worte, die zum Trampen gehören, wie hitchhiking, lift oder ride. So habe ich auch Sharron und ihre Freundin Karen überzeugt, mich mitten in der Nacht aufzulesen und ein paar hundert Kilometer durch den Bundesstaat Washington mitzunehmen. Dann haben wir alle zusammen übernachtet und am nächsten Morgen gefrühstückt. Wir hatten einen Riesenspaß zusammen. Lebensweisheiten gab́ es obendrein.
Magische Wälder und enttäuschendes Vancouver
Die Wälder im Norden der Vereinigten Staaten sehen magisch aus. Riesige Farne, bemooste Bäume. Es wirkt, als könne jeden Moment ein Bär oder Wolf oder Indianer hervorspringen. Können sie sicher auch. In meiner Nacht, dort im Dickicht kam aber nichts vorbei. Zum Glück auch kein Stinktier, die man aber immer wieder riechen kann.
In Europa sind wir verwöhnt, was die Grenzen betrifft. Keine Kontrollen, keine Fragen, keine Formalitäten. Das ist in Amerika anders. Mindestens ein paar Fragen muss man schon beantworten. So auch bei der Einreise nach Kanada. Mein erstes Ziel war Vancouver. Eine nette Stadt, wenn ich auch mehr erwartet habe, bei den Lobreden auf die Stadt. Man muss kulturelle, geschichtliche und architektonische Ansprüche eben zurückschrauben. Ich denke bei wonderful und incredible immer an Sienna, Carcasonne oder wenigstens Erfurt. Aber immerhin war Frühling mit blühenden Kirschbäumen und wunderbaren Düften.
Verwandtschaft in Kanada besuchen
Nach ein paar Tagen und der Entscheidung, Alaska für Kuba aufzugeben, habe ich mich auf die Socken gemacht und bin in meine gewohnte Richtung gereist. Osten. In Edmonton habe ich angeheiratete Verwandtschaft.
Also bin ich durch die kanadischen Rockys und eine Nacht im Café, weil es regnete nach Edmonton, zu Barbara und Reinhard getrampt. Die beiden sind mit ihren 2 Söhnen vor 18 Jahren aus Thüringen nach Kanada ausgesiedelt. Sie haben ihren langen Traum, Ostdeutschland irgendwann einmal verlassen zu können gelebt, als es möglich war. Beide sind Musiker. Wir haben vor 5 Jahren in Deutschland zusammen musiziert und uns super verstanden. Also haben wir in Edmonton gleiches getan und haben den Gottesdienst musikalisch begleitet. Ich durfte endlich einmal wieder Klavier spielen. Sonst kann ich dies auf Reisen nur in Musikgeschäften. Der Gottesdienst war in der lutheranischen Kirche. Klingt wie daheim, aber nur der Name. Alles ist frischer, vor allem auch die Choräle. Wir und vor allem die Gemeinde hatten einen Riesenspaß. Ein Highlight war das selbst gebackene Roggenbrot von Barbara, der ich das Rezept entringen konnte. Ich hoffe, ich werde auch die Zeit und Mühe aufbringen, selbst zu backen, wenn ich wieder daheim bin.
Atemberaubende Nacht in der Wildnis
Die Reiseempfehlung, die ich immer wieder bekommen habe war ein Besuch in Montreal, der größten Stadt in Quebec. Also habe ich mich verabschiedet und mein Ostschild wieder in den Wind gehalten. Leider in den eisigen. 3500 Kilometer Richtung Osten, durch eisige Kälte, die ich ja schon aus Russland kenne ( minus 14 Grad), Schnee und Wind. Eine Nacht habe ich auf dem Feld, mitten im Nichts übernachten müssen. Es gibt schon am Tag wenig Verkehr auf dem Trans Canadian Highway, nachts aber gleich gar keinen. Endlich weiß ich, warum ich Geralds Daunenschlafsack um die halbe Welt getragen habe. Ich liebe es, draußen zu schlafen. Nicht umsonst habe ich mir in Eisleben meine Schlafstätte in den Garten gebaut, im letzten Jahr. Aber die kanadische Nacht in Ontario war unvergleichlich. Sterne über Sterne und Polarlichter über den halben Himmel. Die Natur macht einen hier atemlos durch die Nacht. Die nächste Nacht habe ich im LKW mit zwei Indern verbracht. Wir sind ununterbrochen gefahren und haben umschichtig geschlafen. 1800 Kilometer in 20 Stunden. Das ist der Streckenrekord auf dieser Reise. Aber mein Rekordhalter insgesamt bleibt Anatoli, mit 3500 Kilometer durch Sibirien. Das war vor 5 Jahren.
Stoppschild sogar auf Französisch
Inzwischen bin ich in Montreal angekommen. Einer netten, Stadt, im Osten Kanadas. Leider ist es kalt und windig. Aber es gibt eine Vielzahl von Kirchen und alten Gebäuden zu sehen. Montreal ist francophon. So sehr, dass sogar die Stopschilder französisch beschriftet sind. Das sind sie nicht einmal in Frankreich. Aber Montreal ist ja auch die Stadt mit den meisten frankophonen Einwohnern nach Paris.
Tausche EAST gegen SOUTH
Morgen will ich nun endlich das EAST Schild entsorgen, denn weiter östlich kommt dann irgendwann nur noch Europa und dahin muss ich wohl wieder fliegen. Das hat aber noch 7 Wochen Zeit. Jetzt reise ich erst einmal nach New York, nur 500 Kilometer von hier entfernt.
Also ich war schon etwas nervös da so lange nichts neues erschienen war. Aber nun ist #11 da und ich bin beruhigt das es dir gut geht. Ich wünsche die alles gute weiterhin und lass uns nicht so lange auf deinen nächsten Blog warten.